Konditionen: Sitzung (ca. 60 Min ) 120.-
Was ist Focusing?
Focusing ist eine Prozessarbeit und zugleich eine Haltung, welche davon ausgeht, dass Fragen, Themen und Erfahrungen die uns bewegen und gleichzeitig auch deren Antworten in unserem Körper gespeichert sind. Focusing wird meist in einem Zweier Setting angewendet, aber auch die Anleitung mit Gruppen ist eine hilfreiche Möglichkeit, persönlichen Fragen nachzugehen und unterstützt bei
· wichtigen Entscheidungen
· der Klärung von inneren und äusseren Konflikten
· Standortbestimmung und persönlicher Weiterentwicklung
· kreativen Prozessen
· Lösung von Blockaden
· gesundheitlichen Beschwerden
Unser Körper spürt in einer Situation eine ganze Palette von Aspekten. Dies tut er nicht analytisch, sondern ganzheitlich und oft vage. Das innere Wissen um Lösungen ist uns trotz oder gerade wegen intensiven Fühlens nicht ohne weiteres bewusst zugänglich, sodass wir es hilfreich nutzen könnten.
Gewöhnlich übergehen wir «dieses mulmige Gefühl im Bauch» nämlich aus Unachtsamkeit, vielleicht aus momentaner Überforderung oder weil uns zu vieles ablenkt. Aber genau in dieser Wahr-Nehmung sind weiterführende Informationen verborgen, die uns darauf hinweisen, was genau eine Situation oder Angelegenheit für uns eben mulmig, interessant oder beängstigend macht und wie wir damit sinnvoll umgehen können.
Das für ein Thema oder Problem unkonkret und dennoch deutlich Wahrgenommene nennt Eugene Gendlin, der Gründer der Focusing-Arbeit «Felt Sense». Es ist die 'verpackte' Information von etwas, welche es zuerst anzunehmen, dann ins Bewusstsein zu holen und darauf inhaltlich zu verstehen gilt. Dieser «gefühlte Sinn» zugänglich und verständlich werden zu lassen, einen gesunden Abstand dazu zu gewinnen und dann auch einen ganz eigenen Weg zu finden, wie es anzuwenden ist, nennt er einen Focusing-Prozess. Auf der Grundlage von Jahrzehnte langer Forschung extrahierte er sechs Schritte, welche in so einem Prozess beobachtbar sind. Undramatisch verändern sich dabei innere Zustände und belastende Emotionen, gerade so wie Eisklumpen auftauen und somit wieder in Fluss gebracht werden.
Wie geht Focusing?
Im Focusing ist das wertfreie Wahrnehmen und Akzeptieren dessen, was ist eine Voraussetzung, damit sich bewegen und öffnen kann, was sich in schwierigen Situationen Schritt für Schritt ändern möchte. Lösungen und Antworten zu finden geschieht in sechs Schritten, welche in der Abfolge, und dennoch auf eine spielerische Art, sehr effizient sind. Es ist eine Frage der Konzentration, dass jemand sich auf die Gegenwart einlassen kann und sich nicht in den Kopf verschanzt, der meint, alles zu wissen. Unser Verstand repetiert wie eine Schallplatte mit einem Sprung Informationen, Muster und Überzeugungen. Davon Freiraum zu schaffen und sich für das Unbekannte, Unklare zu öffnen, bedarf Mut, Neugierde und auch eine gewisse «Narrenfreiheit». Der wissende Körper bringt im Prozess Empfindungen, Bilder und diffuses Wissen hervor, welche der Verstand dann versucht zu erfassen und in Worte zu übersetzen. Focusing ist also nicht eine gefühlvolle Nabelschau, bei der wir uns in unseren – oft unangenehmen- Wahrnehmungen oder Emotionen suhlen. Es ist eine Arbeit, bei der der Körper und der Verstand miteinander ganz fein kommunizieren und somit immer wieder überraschendes Neuland entsteht. Oft mutet das in einem Focusing-Prozess neu Entdeckte auch gleichzeitig selbstverständlich an, denn die gefundenen Antworten, im Teamwork von Körper und Verstand entstanden, sind in dem Sinne nicht fremd, sondern annehmbar, umsetzbar und somit auch nachhaltig.
Woher ?
Focusing wurde in den 60 er Jahren vom Philosophie- und Psychologieprofessor Eugene Gendlin entwickelt, der an der Universität Chicago lehrte und zusammen mit Carl Rogers im Bereich der personenzentrierten Psychotherapie forschte. Er wollte herausfinden, was es genau auslöst, dass Menschen sich nachhaltig in die Richtung verändern, die sie sich wünschen. Er fand heraus, dass die Art, wie Menschen erfolgreich an sich arbeiten, gewisse Merkmale aufwies. Diese fasste er in sechs Schritten eines Prozesses zusammen, welche er als Focusing bezeichnete. Es war ihm ein grosses Anliegen, dass «dieses Konzentrat» Focusing, was neben der Methode auch eine Haltung bedeutet, als Hilfe zur Selbsthilfe für viele Menschen zugänglich gemacht wird. Er und seine MitarbeiterInnen erforschten und überprüften die Methode empirisch über viele Jahre. Seine Thesen, welche über das Focusing hinausgehen, fundierte er mit umfangreichen Forschungen und einem breiten Kontext aus transdisziplinären Wissenschaften, welche er in vielen Büchern, häufig auch mit weiteren Autoren und Wissenschaftlern gemeinsam darlegte. Die erweiterte Denk- und Arbeitsweise, welche Focusing zugrunde liegen, nannte er Thinking at the Edge, TAE.
In der künstlerischen Arbeit ist Focusing ein hilfreicher Wegbegleiter, da es auch kreative Prozesse initiieren und unterstützen kann. Sich selbst im künstlerischen Tun beobachten, reflektieren und seine ganz eigene Ausdrucksweise immer wieder neu zu finden, sind Focusing-Prozesse pur.
Für wen?
Focusing kann jeder Mensch lernen und praktizieren, der offen ist für seine inneren Prozesse und der sich weiter entwickeln möchte.
Focusing kann eigenständig, aber auch ergänzend zu anderen Methoden der Prozessbegleitung praktiziert werden. Es wird weltweit gelehrt und praktiziert und es gibt Focusing Institute auf allen Kontinenten.
Focusing wird in folgenden Kontexten angewendet:
Béatrice Gründler, Stein am Rhein, den 12. Juli 2017
Links für weitere Infos:
Literatur
Feuerstein, Müller, Weiser Cornell (Hrsg.) (2000) Focusing im Prozeß. GwG Verlag, Köln
Gendlin E.T. (2015) Ein Prozess-Modell: Körper - Sprache - Erleben, Herausgegeben und übersetzt von Donata Schöller und Christiane Geiser, Verlag Karl Alber, München
Gendlin, E.T., Schoch, K. (2012) Focusing. Selbsthilfe bei der Lösung persönlicher Probleme. Sachbuch 60521 Rororo, Hamburg
Gendlin, E.T. (1987) Dein Körper - Dein Traumdeuter. Otto-Müller-Verlag, Salzburg
Gendlin, E.T. (1997). Focusing-orientierte Psychotherapie. Ein Handbuch der erlebensbezogenen Methode. J. Pfeiffer Verlag, München
Gendlin E.T., Wiltschko, J. (1999) Focusing in der Praxis. Eine schulübergreifende Methode für Psychotherapie und Alltag. Pfeiffer Verlag, München
Moor- Zuellig E. (2017) Körperweisheit. Wie Sie mit Focusing ihre Körperintelligenz nutzen. Goldegg Verlag, Berlin
Stumm G., Wiltschko J., W. Keil, (2003) Grundbegriffe der Personenzentrierten und Focusing-orientierten Psychotherapie und Beratung, Pfeiffer Verlag, München
Unger S., (2004) Das schaffst Du nie! Über den Umgang mit den inneren Kritikern, Kreuz-Verlag
Weiser Cornell, A. (2013) Die Kunst des Annehmens: Leben und Arbeiten mit Focusing, Books on Demand GmbH, Norderstedt
Weiser Cornell, A. (1997) Focusing. Der Stimme des Körpers folgen. Rororo, Hamburg
Filme
Anne Weiser: Learning Focusing https://www.youtube.com/watch?v=ZwzdkKARWrw / 15.07.2017
Eugene T. Gendlin: Why Focusing works; https://www.youtube.com/watch?v=lvjpT2pI2_Q/ 15.07.2017
Eugene T. Gendlin: Beyond words https://www.youtube.com/watch?v=k25EsOCv7k4 /15.07.2017
Eugene T. Gendlin: Thinking at the edge https://www.youtube.com/watch?v=Wv7rXHHBXDU /15.07.2017